Organisatoren des Belvedere-Wettbewerbs: "Es gibt eine neue Dynamik"
Finale des Sängerwettkampfs erstmals nicht in Wien, sondern in
Amsterdam - Holger Bleck: "Freude, den Wettbewerb
auszurichten, ist einfach deutlich größer" - Kommendes Jahr in Düsseldorf
Amsterdam/Wien (APA) - 30 Jahre lang wurde das große Finale des
Internationalen Hans-Gabor-Belvedere-Gesangswettbewerbs in Wien
abgehalten. Doch 2012 dürfte auf absehbare Zeit das letzte Mal gewesen
sein. Heuer wurde nach Ausscheidungen in 55 Städten weltweit die Endrunde
eines der größten Veranstaltungen für junge Opernsänger erstmals im
Amsterdamer Het Muziektheater gefeiert, wohin die beiden Organisatoren
Isabella Gabor und Holger Bleck ausgewichen sind. Die APA sprach mit den
beiden vor Ort über die Gründe für den Fortgang aus Wien, die Zukunft des
Wettbewerbs, Düsseldorf als kommenden Austragungsort und den starken
Willen der Sänger aus aufstrebenden Wirtschaftsnationen.
APA: Sie haben im heurigen Jahr mit dem Finale des
Belvedere-Wettbewerbs nach über 30 Jahren erstmals Wien verlassen. Was
waren Ihre Motive?
Holger Bleck: Das waren zunächst einmal die Ereignisse rund um die
Kammeroper (die bis 2012 gemeinsam von Gabor und Bleck geführt wurde,
mittlerweile jedoch federführend vom Theater an der Wien bespielt wird,
Anm.) So steht uns das Haus mittlerweile nicht mehr zur Verfügung, wenn
ich das neutral formuliere. Die Namensrechte und das Know-how für den
Wettbewerb liegen aber bei uns. Wir haben dann im Vorjahr sehr schnell das
Angebot aus Amsterdam bekommen und sind auch von der Kulturstadträtin
empfangen worden. Und so war uns relativ bald klar, dass das passt.
APA: Zugleich hatten Sie damals auch gesagt, dass Sie in Wien das
Interesse am Wettbewerb vermissen würden. Wären Sie für Angebot offen
gewesen?
Bleck: Wenn das nicht bedeutet hätte, dass der Wettbewerb von der Stadt
Wien einkassiert wird, ja.
APA: Nun also Amsterdam. Wie ist hier die Aufnahme? Hat sich der
Wechsel gelohnt?
Isabella Gabor: Absolut. Die Hilfsbereitschaft, das Interesse sind hier
überwältigend.
Bleck: Man merkt hier schon deutlich den Mentalitätsunterschied, wenn
man so will. Die Freude, dass man den Wettbewerb ausrichten kann, ist
einfach deutlich größer.
APA: Werden Sie deshalb nächstes Jahr hierher zurückkehren?
Gabor: Wir werden im nächsten Jahr in Düsseldorf in der Deutschen Oper
am Rhein sein.
Bleck: Den neuen Weg, den Wettbewerb auch beim Finale international
auszurichten, den wollen wir beibehalten und uns keine neue Heimatbasis
schaffen - was allerdings nicht ausschließt, dass man vielleicht jedes
zweite Jahr in Amsterdam sein könnte, was derzeit im Gespräch ist. Das
wird sich ergeben. Man merkt in jedem Fall, dass international das
Interesse daran besteht, dass der Wettbewerb tourt.
APA: Und das ist auch in Ihrem Sinne?
Bleck: Es fordert einen heraus - es ist jedes Mal etwas anderes. Wir
beide haben hier jetzt praktisch rund um die Uhr gearbeitet, weil der
Staff natürlich völlig neu ist. Es ist jetzt eine neue Dynamik drin. Hier
haben wir als Partner eine Stiftung, die hier vor Ort vertraglich alles
regelt. In Düsseldorf ist das dann konkret ein Opernhaus.
APA: Heuer können sich die Finalisten erstmals mit Orchester begleitung
und nicht nur neben einem Klavier präsentieren. Soll das beibehalten
werden?
Bleck: Wenn wir ein Gesamtpaket an eine Stadt geben, gehört das künftig
dazu.
APA: Sie sind qua professionem sehr gut mit der jungen Sängerszene
vertraut. Hat sich die Qualität der Teilnehmer in den vergangenen drei
Jahrzehnten verändert?
Gabor: Es gibt natürlich Länder, in denen sich sehr viel verändert hat.
Wenn Sie etwa Südafrika hernehmen - da hatten wir vor einigen Jahren
praktisch keine Sänger beim Wettbewerb. Mit dem Sieg und der nachfolgenden
Karriere von Pretty Yende 2009 hat sich das geändert. Jetzt waren drei von
13 Finalisten Südafrikaner - obwohl von den 1.043 Angemeldeten "nur" 23
Teilnehmer aus Südafrika kamen, während es aus den USA beispielsweise 104
waren.
APA: Wenn man sich die Finalisten der heurigen Ausgabe ansieht, fällt
überhaupt auf, dass von 13 Teilnehmern lediglich zwei aus Europa stammen.
I st der Mutterkontinent der Oper qualitativ ins Hintertreffen geraten?
Bleck: Man merkt schon, dass China und Südkorea sich nicht nur im
wirtschaftlichen Bereich, sondern auch in der Kultur mit Europa
auseinandersetzen wollen. Die Teilnehmer wollen einfach etwas erreichen.
Und neben Talent und Stimmmaterial ist beim klassischen Gesang auch der
Wille entscheidend.
(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)